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Die Nachricht über die Schließung aller 56 Filialen in Deutschland erschüttert die Bekleidungswelt wie ein wahrer Mode-Tsunami. Neben den Geschäften wird auch die Konzernzentrale in Ratingen dicht gemacht. Durch die Insolvenz wird Esprit erst einmal ganz aus Deutschland verschwinden. Etwa 1.300 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Mit mehreren Milliarden Euro Jahresumsatz und Standorten in 40 Ländern ist Esprit ein wahrer Gigant im Modegeschäft und hat jahrzehntelang den Modegeschmack der Deutschen mitgeprägt. Leider ist Esprit nicht der erste Moderiese, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Peek & Cloppenburg, Gerry Weber, Hallhuber, Sinn, Wormland – die Liste der Mode-Insolvenzen ließe sich fortsetzen.
Warum ist das Geschäft mit Bekleidung für viele Händler in Deutschland nicht mehr rentabel? Die Gründe sind sicher vielschichtig. Modegeschäfte sind zumeist in Innenstadtlagen zu finden, oft in Fußgängerzonen. Natürlich sind die Mieten dort extrem hoch. In der Vergangenheit war das kein Problem, jetzt schon. Natürlich haben die Geschäfte auch hohe Energiekosten zu schultern. Zudem ist der Onlinehandel eine ernsthafte Konkurrenz geworden. Auch Esprit verkauft online, macht sich also quasi selbst Konkurrenz. Das Argument, daß man vor einer Onlinebestellung Bekleidung nicht anprobieren kann, wird mittlerweile dadurch aufgehoben, daß viele Kundinnen einfach mehrere Größen bestellen und die nicht passenden zurückschicken. Inzwischen wird mehr als die Hälfte der online gekauften Artikel in Deutschland retourniert. Man braucht den Besuch in einer Filiale nicht mehr unbedingt.
Esprit schließt seine Filialen allerdings nur in Deutschland. Das sollte einen hellhörig werden lassen! Warum nur in Deutschland? Sind die Deutschen neuerdings weniger modebewußt als anderswo auf der Welt? Oder sind die Kleiderschränke schon prall gefüllt? Sicher sitzt das Geld nicht mehr so locker wie früher. Mode ist zum Luxus mutiert.
Gegründet wurde Esprit 1968 in San Francisco. Das Gründerpaar Susie und Douglas Tompkins fuhr einst mit einem Kombi durch Kalifornien und verkaufte selbst genähte Kleidungsstücke. Dann ging alles schnell. 1971 erfolgte bereits die Expansion nach Hongkong, 1976 nach Deutschland. Doch zunächst verkaufte man hierzulande hauptsächlich Sportbekleidung über den Großhandel. Die erste eigene Filiale eröffnete 1986 in Köln. Ende 2019 hatte Esprit 220 eigene Filialen weltweit und 4.500 weitere Verkaufsstandorte in aller Welt. Dann kam Corona und damit veränderten sich die Einkaufsgewohnheiten. 2020 hatte Esprit bereits ein Schutzschirmverfahren für mehrere deutsche Tochtergesellschaften beantragt. Damals waren schon rund 50 unrentable Filialen in Deutschland geschlossen worden.
Esprit produziert wie die meisten Modelabels vorwiegend in Asien – in China, Bangladesch, Vietnam und Indien. Es ist daher anzunehmen, daß das neue Lieferkettengesetz große Herausforderungen für Esprit mit sich gebracht hat. Trotz des Abschieds aus Deutschlands, dem einst wichtigsten Markt für Esprit, bleibt die Marke erhalten. Sie gehört jetzt einem Finanzinvestor. Der Onlinehandel soll weitergehen, die Läden in Deutschland sollen noch bis Jahresende geöffnet bleiben. So läßt sich vielleicht noch manches Schnäppchen beim Ausverkauf machen.
Weiterführende Links:
https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2024-08/modekonzern-esprit-schliessung-geschaefte