Für falsch beantwortete Fragen gibt es Fehlerpunkte, je nach Bedeutung der Frage von zwei bis fünf. Zehn Fehlerpunkte sind erlaubt, allerdings nicht zwei Fragen mit je fünf Punkten. Man kann also sogar mehrere Fragen falsch beantworten und trotzdem bestehen. Es ist eine Frage des Lernens, den Stoff zur Prüfung drauf zu haben.
Aber die Durchfallquote bei der theoretischen Prüfung steigt seit Jahren. 2008 scheiterten rund ein Drittel der Prüflinge an der Theorie, 2021 waren es 36,2 Prozent, heute schon rund die Hälfte. Doch was ist die Ursache?
Der erste Gedanke: Sprachbarrieren könnten der Grund für die hohe Durchfallerquote sein. Aber die theoretische Führerscheinprüfung kann aktuell in zwölf Sprachen abgelegt werden: Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Kroatisch, Spanisch, Türkisch und Hocharabisch. Gleiches gilt für die Verfügbarkeit des Schulungsmaterials. Da sollte doch für jeden etwas dabei sein.
Psychologie-Professor Florian Becker bringt die Ursachen der Problematik auf den Punkt: „Für mich ist das ein Hinweis auf das, was wir in der Psychologie gravierende ‚kognitive Defizite‘ nennen“. Außerdem führt Prof. Becker fehlende Selbstdisziplin an. Becker weiter: „Leider passt das rapide zunehmende Scheitern bei den Theorieprüfungen in ein trauriges Muster an Daten zur Leistungsfähigkeit von Kindern, die uns aus verschiedenen Quellen erreichen. Unsere Zukunft in Deutschland:
- Etwa 25 Prozent der Kinder können nach der Grundschule weder richtig lesen noch schreiben. (IGLU-Studie). Immer mehr dürfen dennoch auf das Gymnasium.
- Die Leistung in Mathematik, Naturwissenschaft und Lesen ist seit über 10 Jahren im Sinkflug (PISA-Studie).
- Damit die Kinder sich auch ja nicht entwickeln, hat man alle Standards immer weiter gesenkt. Noten werden immer besser – trotz objektiv schlechterer Leistung. So erhalten jetzt bundesweit etwa 30 Prozent ihr 1er-Abi.
- Irgendwo der Beste zu sein oder gar zu gewinnen, ist mittlerweile verpönt und wird systematisch beseitigt. Beispielsweise der Wettbewerb bei Bundesjugendspielen in den Grundschulen.
- Zunehmende Berichte aus der Praxis runden das Bild ab: Kinder, die zu spät kommen, keine Hausaufgaben mehr machen, ohne Frühstück erscheinen, weil es für Erziehungsberechtigte zu anstrengend ist morgens auszustehen, desinteressierte und passive Eltern, Regellosigkeit und Gewalt. Schulleiter, die sich dem entgegenstemmen und Disziplin einfordern, berichten von politischem Druck.“
Lobbyisten wollen derweil Hausaufgaben abschaffen und Noten verbieten, „weil davon manche Kinder mehr profitieren als andere“. Das bedeutet aber: Lieber profitiert niemand, als daß jemand mehr profitieren könnte als andere. Oberstes Ziel sind offenbar jetzt gleiche Ergebnisse für alle – statt einer hohen Durchschnittsleistung.
Prof. Beckers Fazit: „Das Schulsystem droht zur leistungsfeindlichen Komfortzone und zur Spielwiese für Bildungsideologen zu werden, in der Kinder nicht mehr wachsen und verzerrtes Feedback erhalten. Alle sind angeblich überall super! Tatsächlich behindert man die Besten an ihrer Entfaltung, damit alle gleich sind. Gleich klein.“
Weiterführende Quellen:
https://www.adac.de/verkehr/rund-um-den-fuehrerschein/erwerb/theoretische-fuehrerscheinpruefung/