Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu dem Bankberater Ihres Vertrauens und beantragen einen Kredit, sagen wir über 1.000 Euro. Auf die Frage des Bankers, wofür Sie die 1.000 Euro brauchen, sagen Sie, daß Sie Aktien kaufen möchten. Sie erwarten, daß Sie an der Börse innerhalb eines Jahres acht Prozent erwirtschaften könnten, aus den 1.000 also 1.080 Euro machen, so der Businessplan. Mit dem Gewinn von 80 Euro können Sie dann die Kreditzinsen von 4%, in diesem Beispiel 40 Euro, locker decken. Mit den verbleibenden 40 Euro Gewinn möchten Sie Ihre Großeltern unterstützen.
Meinen Sie, Sie bekommen den Kredit bewilligt? Der Bankberater wird Sie wahrscheinlich fragen, was Sie machen, wenn Sie Aktien erworben haben, deren Börsenkurs sinkt? Dann gibt es nicht nur keine Rendite, dann wird möglicherweise sogar ein Teil des eingesetzten Kapitals vernichtet, so daß die Rückzahlung nicht vollständig möglich ist. Vielleicht bekommen Sie den Kredit nur, wenn Sie einen Bürgen bringen.
Nach diesem Prinzip verfährt derzeit die Bundesregierung. Nur daß es nicht um 1.000 Euro geht, sondern um 200 Milliarden bis 2035. Die erste Tranche soll 2024 mit 12 Milliarden geleistet werden – kreditfinanziert, versteht sich. Der Finanzminister erhofft sich einen jährlichen Gewinn, da Deutschland angesichts seiner Bonität auch nur gut 2% Zinsen zahlen muss.
Als Rentenpaket II, Aktienrente oder gar als „Generationenkapital“ wird den Bürgern das Ganze verkauft. Dabei handelt es sich um nichts anderes als Generationenschulden. Denn die Aktien werden auf Pump gekauft. Das Risiko tragen die Bürgen, also die Bürger – also wir alle. Und ganz so einfach wie in unserem Beispiel ist es in der Praxis nicht. Denn die Gleichung
Aktienrendite – erwirtschaftete Zinsen = Gewinn
kommt in der Praxis nicht ganz hin. Denn um einen Aktienfond mit bis zu 200 Milliarden Euro zu verwalten, braucht es Personal. Viel Personal, um genau zu sein. Außerdem muss der Gewinn versteuert werden. Erst das, was nach Abzug von Kosten und Steuern noch übrig bleibt, kann zur Finanzierung der Renten beitragen.
Der Ansatz, weitere Einnahmen für die Rentenkasse zu generieren, ist durchaus sinnvoll. Denn ohne zusätzliche Einnahmen sind überaus schmerzhafte Einschnitte unausweichlich: weiter steigendes Renteneintrittsalter (derzeit 67), sinkende Renten (derzeit 48%) oder höhere Beiträge (derzeit 18,6%) für die arbeitende Bevölkerung. Die Mathematik läßt sich nur kurzfristig überlisten, selbst mit Taschenspielertricks. Der Beitragssatz für die Arbeitnehmer wird sowieso innerhalb der nächsten 10 Jahre auf 22,3% steigen. Jedenfalls für die, die dann noch arbeiten.
Dabei ist die Idee eines Kapitalstocks durchaus bedenkenswert. Würde man beispielsweise die Beamten verpflichten, Rentenbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, und würde dieses Geld monatlich in einen Kapitalstock überführen, dann würde man tatsächlich eine kapitalgedeckte Komponente für die Finanzierung der Renten schaffen. Und zwar nicht auf Pump.
Weiterführende Quellen:
https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/renten-plaene-der-bundesregierung-keine-kuerzungen,U68toxm