Warum haben wir eigentlich Sommer- und Winterzeit?
Bereits 1784 erklärte Benjamin Franklin, ein amerikanischer Erfinder und Naturwissenschaftler, „dass das ausgedehnte Nachtleben Energie durch künstliches Licht vergeude. Dagegen helfe früheres Aufstehen und Zubettgehen.“ Aber es sollte weit über ein Jahrhundert dauern, bis eine Zeitumstellung staatlich verordnet wurde, die dem Gedanken Franklins Rechnung trug. 1916 sollte die Sommerzeit die Schlachten des Ersten Weltkriegs unterstützen, indem es abends länger hell war. Das Experiment endete nach Kriegsende 1919. Ein ähnliches Experiment wagte man 1940 mit ähnlicher Motivation. Dieses zweite Zeit-Experiment endete 1949 mit der Gründung der Bundesrepublik und der DDR.
Dann der Schock der Ölkrise 1973 mit autofreien Sonntagen und der Benzinpreisexplosion. Man wollte und mußte mit aller Macht Energie einsparen. Doch es sollte noch Jahre dauern, bis erneut eine Sommerzeit eingeführt wurde, um den Energieverbrauch zu drosseln. Ab 1980 galt diese in beiden deutschen Staaten. Andere Länder Europas zogen nach, vor allem um den Zug- und Flugverkehr zu harmonisieren. 1981 auch die Schweiz. Aber von einheitlichen Regeln innerhalb Europas war man noch weit entfernt. Erst 1996 wurden die unterschiedlichen Sommerzeitregelungen in der Europäischen Union vereinheitlicht.
Heute weiß man, daß die Zeitumstellung nicht zu den erhofften Energieeinsparungen geführt hat. Hinzu kommt, daß für Menschen die Zeitverschiebung zu gesundheitlichen Problemen führen kann, vor allem für Personen mit Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche und Depressionen. Auch die Auswirkungen für Tiere sind gravierend, Milchkühe z.B. müssen immer zur selben Zeit gemolken werden und können nur schrittweise an die neue Tageszeit gewöhnt werden. Rehe und Füchse sehen sich plötzlich mit dem Berufsverkehr konfrontiert; es kommt vermehrt zu Wildunfällen.
Dabei ist die Zeitumstellung praktisch nur ein europäisches Phänomen. In anderen Kontinenten wurde die Zeitumstellung entweder nie eingeführt oder längst wieder abgeschafft. Wenige Ausnahmen wie Ägypten, Chile, Paraguay und Libanon bestätigen die Regel. Seit 2018 war man sich in der EU aufgrund öffentlichen Drucks prinzipiell einig, daß das Experiment Zeitumstellung 2021 beendet werden sollte. Jahrelang hat man darüber gestritten, ob nun ganzjährig die Winterzeit oder die Sommerzeit gelten soll. Aber erst kam Corona und dann der Ukraine-Krieg, weshalb man sich auf politischer Ebene mit gänzlich anderen Probleme konfrontiert sah. Das Thema versandete. Eine Einigung steht deshalb derzeit in den Sternen. Nun steht im Juni 2024 die Neuwahl des EU-Parlaments an. Neues Spiel, neues Glück!
Weiterführende Quellen: